Beim Westernsattel gibt es zwei Konstruktionselemente, welche die Nutzbarkeit des Sattels wesentlich beeinflussen. Die Passform des Baums ist dafür verantwortlich, dass das Pferd sich unter dem Sattel möglichst ungehindert und schmerzfrei bewegen kann.
Die Anatomie des Sitzes beeinflusst den Sitzkomfort des Reiters und soll seine Einwirkungsmöglichkeiten verbessern. Der Sitz verändert die Beckenwinkelung und die Beinhaltung des Reiters sowie die Position seines Schwerpunktes; bedeutsame Faktoren für die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd.
Die Sitzgröße wird bei Westernsätteln in Zoll (Inch) gemessen. Ein Zoll entspricht 2,54cm. Die Standardsitzgröße eines Westernsattels ist 16″. Zierliche Reiter kommen mit 15,5″ aus, 15″ ist für Erwachsene selten. Für größere oder kräftigere Reiter werden bei Seriensätteln 16,5″ oder 17″ Sitze angeboten. Darüber hinaus befindet man sich meist im Bereich der Sonderanfertigung. Bei Sätteln mit sehr großen Sitzgrößen können Probleme mit der Gesamtlänge der Auflagefläche des Sattels und auch mit dem Reitergewicht entstehen.
Ein zu kleiner Sitz beengt den Reiter und lässt ihn auf dem Cantle sitzen, was für das Pferd eine unangenehme Schwerpunktveränderung bedeuten. Ein zu großer Sitz gibt dem Reiter zu wenig Halt und positioniert ihn in Relation zur Fender-Aufhängung zu weit nach hinten. Die Beine werden dann von den Fendern zu weit nach vorne gezogen.
Der Sitz eines Westernsattels ist folgendermaßen aufgebaut. Die Bars werden mit einem Streamer aus Metall, Kunststoff oder Leder verbunden. Bei Flex- Ralide- oder aus einem Stück gefrästen Holzbäumen ist der Streamer Bestandteil des Baumes. Darauf erfolgt der Aufbau des Grundsitzes mit Leder und der Sitzaufbau mit Schaumstoff oder professioneller mit einem gegossenen Schaumformteil. Der eigentliche Sitz ist dann ein Bezug aus einem dünnen Leder in Form von Glattleder, Nubukleder oder Spaltleder.
Der Sitz der meisten Westernsättel reicht vom Cantle bis zu Fork. Bei einem Halfseat und einem Inlay-padded-seat reicht die Polsterung nur bis zur Höhe der Fender-Aufhängung nach vorne. Bei einem Hardseat ist die gesamte Sitzfläche nicht gepolstert. Bei einem anatomisch gut geformten Sitz lässt sich aber auch auf diesen Sitzen gut und bequem reiten.
Im Laufe der Entwicklung des modernen Westernsattels haben sich für verschiedene Anwendungen und Sportdisziplinen unterschiedliche Sitzanatomien entwickelt. Es existiert natürlich keine Norm der im weiteren Text beschriebenen Sitze. Jeder Hersteller hat die Freiheit Variationen nach seinen eigenen Vorstellungen umzusetzen. Dies beeinflusst ja auch positiv die Weiterentwicklung und dadurch die Qualität der Westernsattelsitze. Der größere Anteil der Westernsättel, die in Europa verkauft werden, ist mit einem Reining-Sitz ausgestattet. Diese Entwicklung steht ganz im Gegensatz zu den Gegebenheiten im Mutterland der Westernreiterei, den USA. Hier sind Reiningsättel eher die Ausnahme, sportlich stehen die Rinderdisziplinen im Vordergrund und ein Gebrauchs- oder Arbeitssattel ist immer auch ein Sattel mit dem man ropen kann. Alles andere wäre auf einer Ranch ja auch sinnlos.
Der Reiningsitz zeichnet sich durch eine etwas flachere Form mit etwas Build Up aus. Das Becken des Reiters wird etwas flacher gewinkelt positioniert. Das Cantle ist meist etwas flacher und nicht sehr hoch. So sitzt der Reiter zwar in einem definierten Tiefpunkt hat aber die Möglichkeit die Gewichtshilfen für Stops und Spins korrekt zu geben.
Die Position der Fender ist bei Westernsätteln älterer Bauart etwas weiter nach vorne gelegt. Dies ermöglicht dem Reiter die auftretenden Kräfte bei Stopps und schnellen Manövern gut auszutarieren. Bei modernen Westernsätteln sind die Aufhänge-Punkte der Fender weiter nach hinten verlegt. Dies ermöglicht dem Reiter einen Sitz mit längerem, geraderem Bein, einen im klassischen Sinne korrekteren Sitz, der auch exaktere (Gewichts-)Hilfen erlaubt. Diese Entwicklung trifft auf fast alle modernen, bei uns verkauften Westernsättel zu.
Der Equitation Sitz bietet dem Reiter nicht so viele Bewegungsmöglichkeiten wie der Reiningsitz. Durch das etwas stärker ausgeprägte Build Up und eine andere Anatomie setzt er den Reiter mehr auf den Punkt und in einen steileren Beckenwinkel. Der Schwerpunkt des Reiters wird etwas mehr nach vorne verlegt. Der Equitation Sitz ist für alle Disziplinen bei denen ein genaues und punktuelles Reiten notwendig ist sehr gut geeignet. Aber auch für Geländeritte und gymnastizierende Übungen sind diese Sitze eine gute Wahl.
Der Pro Balance Sitz wurde von dem Trainer und Autor Tom Büchel mit Way Out West entwickelt. Er setzt den Reiter genau auf den Punkt mit einem senkrechteren Becken und einem weiter nach vorne verlagerten Schwerpunkt. Der Reiter sitzt bei diesen Sätteln automatisch korrekt in der Balance. Feines Reiten und korrekte Hilfen werden so unterstützt. Ein Sitz in dem sich sehr viele Reiter sehr wohl fühlen.
Der Ranch-Riding-Sitz ist eine neue Entwicklung auf dem Gebiet der Westernsattel-Sitzanatomien. Diese sehr erfolgreiche Disziplin des Westernreitens erfordert für eine optimale Ausführung einen speziellen Sattel mit einem speziellen Sitz. Der Ranch-Riding-Sitz positioniert den Reiter korrekt und fixiert ihn gut. So ist die notwendige Bewegungsfreiheit für die Aktionen in dieser Disziplin vorhanden. Eine gelungene Kombination.
Der Pleasure-Sitz hat bei dieser Disziplin ganz besondere Aufgaben. Der Reiter soll möglichst ruhig, ohne eigene Körperbewegung auf dem Pferd sitzen. Der Sitz eines Pleasure-Sattels soll den Reiter also möglichst gut fixieren. Dies wird durch eine spezielle Sitzanatomie erreicht. Das Sitzleder besteht meist aus Spaltleder (umgangssprachlich Wildleder genannt). Diese Lederoberfläche garantiert eine größtmögliche Haftung. Die Fender sind bei Pleasure Sätteln meist auch deutlich weniger beweglich aufgehängt, um mehr Ruhe in den Sitz zu bringen.
Das Reiten von langen Strecken bei Gelände und Wanderritten erfordert Gelände / Wanderreit Sitze – Sitze, die nicht nur anatomisch korrekt sondern auch für den Reiter bequem und weich sind. Ein komfortabler Sitz des Reiters, ist auch für das Pferd positiv. Verkrampfungen in Rücken, Gesäß und Becken ermöglichen keinen entspannten, lockeren, ruhigen Sitz, der Reiter verhält sich und erreicht nicht die Dauerleistung eines möglichst lockeren Pferdes. Daher wurden diese Sitze speziell entwickelt, der Traveller von Way Out West ist hier ein gutes Beispiel.
Der Cutting Sitz ist konsequent auf die Anforderungen dieser Sportdisziplin hin gestaltet. Der Reiter muss in der Lage sein, den extrem schnellen Bewegungen des Pferdes zu folgen. Die notwendige Bewegungsfreiheit und Sicherheit hierfür wird bei den Sitzen durch eine größere Sitzgröße, sehr wenig Build Up, eine ausgeprägte Fork und ein hohes, dünnes Horn zum Festhalten erreicht.
Für die Arbeit in den Rinderdisziplinen wurden im Laufe der Zeit ebenfalls spezielle Sitze entwickelt. Die Cowhorse oder Reined Cowhorse Sitze; sie verfügen über eine größere Fork mit ausgeprägteren Swells mit höherem, nicht zu dicken Horn. Die Sitze sind ähnlich wie Reiningsitze oder gehen etwas in Richtung Cutting.
Die in den vorherigen Jahrhunderten gerittenen Westernsättel sahen etwas anders aus als unsere heutigen Sättel. Aus diesen entwickelte sich dann im letzten Jahrhundert die Wade- und Buckeroo-Sättel. Der Vaquero/ Buckaroo Sitz zeichnet sich durch ein hohes, steiles Cantle und eine A-Fork aus, die oft mit einem dicken Posthorn versehen ist. Um die Nachteile der A-Fork auszugleichen sind Buckaroos meistens mit Bucking-Rolls ausgestattet. Der Sitzaufbau war ursprünglich hauptsächlich ein Hardseat. Später wurden bequemere, oft gepolsterte Inlay Paddle Seats oder Halfseats verbaut.
Westernsättel werden traditionell von Männern für Männer hergestellt. Heutzutage ist es aber auch im Bereich des Westernreitens so, dass die Mehrzahl der Reiter Frauen sind.
Zwischen der weiblichen und männlichen Anatomie des Beckens bestehen Unterschiede die sich in unterschiedlichen Ansprüchen an die Sitzanatomie bemerkbar machen können. Das Becken, sowie die Verbindung von Oberschenkeln zu Becken der Frau ist anders geformt. Das hat zur Folge, dass Frauen auf den für Männer optimal geformten Sitzanatomien von Westernsätteln in vielen Fällen nicht so gut sitzen.
Bei Englischsätteln und vereinzelt auch bei Wanderreitsätteln gibt es bereits speziell für Frauen geformte Sitze. Bei Westernsätteln hat Way Out West seit einiger Zeit ein Programm von Sätteln aufgebaut, welche speziell auf die Bedürfnisse der Reiterinnen Rücksicht nimmt.
Diese Sättel verfügen über den Ladies Sitz, dessen spezielle Sitzanatomie von vielen Frauen als sehr angenehm empfunden wird. Die Druckbelastung ist gleichmäßiger, die Oberschenkel werden weniger gespreizt und liegen automatisch senkrechter, auch bei stärkeren Oberschenkeln. Ein entspanntes Sitzen ist besser möglich und die Reiterin kann freier sitzen – mit verbesserter Einwirkung.
Im Lauf der Zeit hat Way Out West mit diesen Sitzen eine komplette Ladies-Linie aufgebaut, deren Sättel darüber hinaus auch noch deutlich leichter sind. Am Anfang dieser Entwicklung stand er Ladies Reiner, der neben seiner für Frauen optimalen Sitzanatomie ein geringes Gewicht und eine ansprechende Gestaltung bietet.
Der Ladies Ranch Riding Sitz vereinigt die anatomischen Besonderheiten des Ranch Riding Sitzes mit denen der Ladies-Linie.